Definition Palliativmedizin
Palliativmedizin ist die „aktive und ganzheitliche Behandlung von Patienten, die an einer fortschreitenden Erkrankung mit einer begrenzten Lebenserwartung leiden. Hierbei besitzt die Beherrschung von Krankheitsbeschwerden und die psychologische, soziale und auch seelsorgerische Betreuung höchste Priorität.” (WHO , Weltgesundheitsorganisation, auf der Seite der Deutschen Krebshilfe).
Fallbericht
Die Europäische Kurzhaarkatze Mickey aus Darmstadt, weiblich-kastriert, 17 Jahre wird in der Praxis auf Grund von wiederkehrendem Durchfall und Tenesmus (=Stuhldrang) vorgestellt.
Seit drei Jahren leidet Mickey an Durchfall und Stuhldrang. Bisher wurde sie in einer anderen Praxis bei Bedarf mit Antibiose und Buscopan® behandelt. Der Durchfall tritt etwa alle vier Wochen auf.
Klinische Untersuchung
Die klinische Untersuchung ergibt bei der abdominalen Palpation mehrere Umfangsvermehrungen ca. kirschgroß entlang des Darms. Die Schleimhäute sind blassrosa , die Körpertemperatur liegt bei 38,3°C, Herz und Lunge sind auskultatorisch ohne besonderen Befund. Mickey ist insgesamt recht dünn und hat ungepflegtes Fell. Die Katze lässt sich nur schwer untersuchen, faucht und versucht zu kratzen.
Zusammen mit der Besitzerin wird auf Grund der schwerwiegenden Erkrankung entschieden, dass keine weitere Diagnostik durchgeführt werden soll. Es geht jetzt um eine palliative Behandlung. Die Besitzerin ist offen für einen Versuch, die Palliation homöopathisch zu starten.
Homöopathische Anamnese
Die homöopathische Anamnese ergibt folgendes: Mickey nimmt an ihrer Umgebung regen Anteil, aber schläft tagsüber viel. Sie legt sich nicht in die Sonne, liegt aber im Sommer und Winter gerne auf einem Schafffell. Es geht Mickey im Sommer deutlich besser. Sie reagiert auf Geräusche gelassen. Sie zeigt deutlich, was sie haben will. Nach dem Umzug, der vier Wochen her ist, hat sich Micky schnell eingelebt. Sie trinkt in kleinen Portionen und geht an die Gießkanne oder an den Wasserhahn. Das Futter teilt sie sich ein. Sie erbricht etwa ein- bis zweimal die Woche. „Mickey“ ist anfällig für Augenentzündungen, wenn sie Zug ausgesetzt ist. An der rechten Schulter hat sie eine Fettgeschwulst.
Der Stuhlgang zur Zeiten der Diarrhoe ist weich, formlos, dann wieder flüssig, mit etwas Blut durchmengt, oft schleimig und blutig. Mickey geht häufiger auf die Toilette, es kommen dann ein paar Tropfen Kot. Dann kommt eine größere Portion. Sie macht drei bis viermal am Tag ihr großes Geschäft.
Therapie
Mickey bekommt Nux vomica in einer Hochpotenz. Eine Woche später ist der Tenesmus deutlich besser. Sie muss nur noch zweimal täglich Kot absetzen. Das Allgemeinbefinden ist gut. Nach sechs Wochen beginnt der Stuhldrang wieder. Es erfolgt eine weitere Gabe Nux vomica. Weitere vier Wochen später sind die Symptome wieder da, das Mittel wird erneut gegeben. Drei Monate später ist Mickey zum Krallenschneiden in der Praxis. Das Allgemeinbefinden ist weiterhin gut. Der Darmtrakt ist stabil. Vier Wochen später verstirbt Mickey.
Diskussion
Auf Grund des Alters von Mickey und des tumorösen Geschehens haben wir es hier mit einer fortschreitenden Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung zu tun. Hier ist es sinnvoll, palliativ zu arbeiten. Ziel war die Beherrschung von Krankheitsbeschwerden. „Mickey“ musste deutlich weniger auf Toilette, hatte weniger Stuhldrang und ein gutes Allgemeinbefinden. Das Ziel der Palliativmedizin wurde mit der homöopathischen Behandlung erreicht. Die psychologische, soziale und auch seelsorgerische Betreuung ist beim Tier schwer erreichbar und zu bewerten. Ich bin der Überzeugung, dass es einem Tier mit gutem Allgemeinbefinden und reduzierten Krankheitssymptomen insgesamt besser geht. Schwierig in der Palliativmedizin ist natürlich immer, dass wir eine begrenzte Lebenserwartung haben und das am Ende nicht die Genesung des Tieres sondern der Tod steht. Mickey hat sieben Monate mit homöopathischer Palliativmedizin gut gelebt, was ich bei dem Alter und der Erkrankung als positives Resultat bewerte.
Ein Kommentar zu “Kann Homöopathie als palliative Medizin in der Tiermedizin eingesetzt werden?”